von Brigitte Sauter
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16 Apr., 2024
Die Zahlen sind erschreckend hoch: in Deutschland leiden 60 Prozent aller Menschen über 60 Jahren an einem Bluthochdruck. Schaut man sich die Zahlen der 70- bis 79-Jährigen an, dann sind bereits dreiviertel aller Menschen in Deutschland betroffen. Weltweit bewegen sich die Zahlen übrigens im Bereich von rund 30 Prozent über alle Altersklassen verteilt. Bluthochdruck (medizinisch: arterieller Hypertonus) ist eine Erkrankung des Herzkreislaufsystems. Dabei ist der Druck in den arteriellen Gefäßen, also den Gefäßen, die vom Herzen weg führen, dauerhaft erhöht. In aller Regel ist Bluthochdruck eine Erkrankung des steigenden Lebensalters, aber nicht nur Alter allein ist ein Faktor. Auch der Lebensstil spielt oft eine große Rolle. Dauerhafte Schäden möglich Fast jeder dritte Mensch in Deutschland leidet unter Bluthochdruck. Zwar weiß der Großteil von ihnen über die Erkrankung Bescheid. Aber allein das Wissen bedeutet nicht, dass ihr Blutdruck auch gut eingestellt ist. Sogar bei Kindern kann es zu Bluthochdruck kommen, etwa bei circa 3 Prozent. Wenn der Druck in den Gefäßen dauerhaft erhöht ist und bleibt, dann kann es zu Schäden an wichtigen Organen wie Herz, Nieren, Gehirn und Augen kommen. Die möglichen Folgen daraus sind Schlaganfall, chronische Nierenschwäche, Herzinfarkt, Herzschwäche, Verschlechterung der Sehstärke sowie Durchblutungsstörungen. Diese Grenzwerte gelten Als Blutdruck bezeichnet man den Druck in unseren Blutgefäßen. Der Blutdruck wird immer in zwei Zahlen angegeben: Der obere Wert, der systolische Blutdruck, misst den Druck beim Herzschlag – also wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht und das sauerstoffreiche Blut in die Peripherie pumpt. Der untere Wert, der diastolische Wert, misst den Druck in der Erholungsphase, deswegen ist dieser Wert immer niedriger. Die Grenzwerte, die für einen Hochdruck gelten, haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Früher sprach man großzügig vom Faktor 100 + Lebensalter. Ein Bluthochdruck liegt dann vor, wenn der Blutdruck in Ruhe diesen Grenzwerten liegt: Optimal: <120/80 mm Hg Normal: < 129/84 mm Hg Hochnormal: < 139/89 mm Hg Bluthochdruck: unterteilt in drei weiter Grade; alles über 140/90 mm Hg Zielwert ist immer ein Blutdruck möglichst unter 135 zu 85, dieser Zielkorridor muss manchmal wegen weiter bestehender gesundheitlicher Störungen tiefer definiert werden. Werte in einem Bereich darüber gelten zwar bereits als Bluthochdruck, aber dieser Bereich ist manchmal bei älteren Menschen akzeptabel, um diese durch eine zu strikte Einstellung nicht zu gefährden. Nicht immer liegt eine körperliche Ursache vor Bei etwa 90 Prozent aller Erkrankten liegt keine fassbare körperliche Ursache vor. Bei diesen Menschen spricht man von einer sogenannten primären Hypertonie, einem primären Bluthochdruck. Die Betroffenen haben keine Erkrankungen, die direkt behandelbar wären. Oft liegt eine familiäre Häufung vor. Diese 90 Prozent der Erkrankten erhalten damit die Diagnose einer essenziellen Hypertonie. Die übrigen 10 Prozent der Betroffenen leiden an einer sekundären Hypertonie. Dort liegen andere Grunderkrankungen vor, die die Ursache für die Entstehung des Bluthochdrucks sind. Das können zum Beispiel Hormonerkrankungen oder Nierenerkrankungen sein, aber auch ein sogenanntes Schlafapnoesyndrom. Bei diesen Menschen ist es das Ziel, die primäre Ursache zu behandeln, damit der Bluthochdruck verschwindet. Organkomplikationen vermeiden Die Gefahr, die von einem Bluthochdruck ausgeht: Unsere Organe können unter dem zu hohen Druck leiden und die Blutgefäße können geschädigt werden, wenn sie dauerhaft diesem zu hohen Druck ausgesetzt sind. Je älter wir werden, desto gefährlicher ist dies. Man kann sich das so vorstellen: Die Elastizität unserer Blutgefäße lässt genauso nach, wie die eines Gartenschlauches. Je älter der Schlauch wird, desto weniger elastisch ist er. Wenn ein zu hoher Druck auf solche alternden Gefäße trifft, dann kann es zu einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall kommen, die Nierenfunktion kann sich verschlechtern und es kann zu Veränderungen im Bereich der kleineren Gefäße auch im Bereich der Augen kommen. Deswegen ist es so wichtig, eine gute Blutdruckeinstellung herbeizuführen, um diese späteren Organkomplikationen zu verhindern. Das heißt: Wir tun heute etwas, um spätere Schädigungen zu verhindern. Macht sich Blutdruck bemerkbar? Doch woran merke ich überhaupt, ob ich einen Bluthochdruck entwickle oder entwickelt habe? Bluthochdruck als solcher ist nicht spürbar in den meisten Fällen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir im Rahmen von Gesundheitsvorsorge-Untersuchungen regelmäßig nach dem Blutdruck gucken. Natürlich haben viele Menschen, wenn sie in eine Arztpraxis kommen primär einen zu hohen Blutdruck, einfach weil sie aufgeregt sind. Das lässt sich aber durch weitere Messungen auch im häuslichen Bereich oder zum Beispiel durch eine Langzeitblutdruckmessung überprüfen, ob es wirklich so ist, dass ein zu hoher Blutdruck besteht. Manchmal sind Symptome, die auf einen Bluthochdruck hinweisen können, Schwindelgefühl, Ohrensausen, Kopfschmerzen oder auch Nasenbluten. Und was ist zu tun, wenn jetzt die Diagnose eines Bluthochdrucks gestellt wurde? Wir schauen mit Ihnen, wo es Möglichkeiten zur Beeinflussung gibt. Zur Erinnerung: Zu den Risiken gehören steigendes Alter, Bestehen von Übergewicht oder Fettleibigkeit, Bewegungsmangel, Diabetes und falsche Ernährung. Die sind alles Stellschrauben, mit denen Sie im weiteren Verlauf versuchen können, den Blutdruck ohne Medikamente positiv zu beeinflussen. Auch Nikotin, ein zu hoher Alkoholkonsum, Stress, depressive Erkrankungen und Schlafstörungen können die Entwicklung eines Bluthochdrucks begünstigen. Dazu gibt es geschlechtsspezifische Risikofaktoren: Frauen in der Schwangerschaft können einen Bluthochdruck entwickeln oder auch Menschen unter einer Hormontherapie. Das können Sie selbst tun Wir werden immer zuerst fragen, welche Risiken in ihrem Lebensstil begründet sind. Wir werden nach ihrem Gewicht gucken. Wir werden nach ihren Nikotingewohnheiten fragen und nach ihren Essensgewohnheiten – insbesondere in Bezug auf Genuss von Salz, Alkohol und Koffein. Es findet eine Untersuchung durch Labordiagnostik und Urindiagnostik statt und wir schicken Sie womöglich zu weiteren fachärztlichem Kolleg:innen, um die Diagnostik zu erweitern. Dann werden wir mit Ihnen besprechen, wo Sie selbst die Stellschrauben in der Hand haben: Ihr Salz-Konsum sollte kleiner als 6 g am Tag liegen. Das ist ein großes Ziel und nur schwer zu erreichen, wenn man bedenkt, dass Salz in vielen unserer Lebensmittel bereits enthalten ist. In jedem Fertigessen werden Sie einen höheren Gehalt an Salz finden als gewünscht. In Brot und Wurstwaren ist Salz vorhanden und auch in Käse ist unterschiedlich viel Salz vorhanden. Da gilt es auf die Produktinformationen zu gucken. Auch das Nachsalzen sollte überprüft werden, ein paar Kräuter sind vielleicht zwar zunächst gewöhnungsbedürftig, aber der Gesundheit zuträglich. Die zweite Stellschraube, die gut angehbar ist: Der Genuss von Koffein . Zu Koffein gehört nicht nur Kaffee oder Espresso, sondern gehört auch schwarzer Tee und grüner Tee. Auch hier kann man versuchen zum Beispiel mal eine Tasse koffeinfreien Kaffee zu trinken. Geschmacklich ist das heute nicht mehr unterscheidbar. Nächster großer Punkt ist das Gewicht : Jedes Kilogramm Übergewicht bedeutet, dass der Körper sich mehr anstrengen muss, dass das Herz mehr Arbeit aufwenden muss, weil durch den erhöhten Widerstand in den Gefäßen der Blutdruck ansteigt und damit eben eine dauerhafte Bluthochdruckerkrankung entsteht. Also gilt es, wenn es möglich ist, das Gewicht zu reduzieren. Nicht jeder von uns kann im weiteren Leben wie Twiggy aussehen, aber oft reicht eine Gewichtsminderung um wenige Kilo, um eine Blutdruckverbesserung zu erreichen. Wer regelmäßig in Bewegung ist mit Ausdauersportarten wie Walken, Spazieren, Fahrradfahren oder Schwimmen, kann erreichen, dass damit eine bessere Blutdruck-Einstellung gelingen kann. Egal, welche medizinische Fachgesellschaft Sie fragen, in aller Regel sollte man 5 x 30 Minuten in der Woche erreichen. Und noch einmal: Bewegung heißt nicht Hochleistungssport! Und wenn Sie die 30 Minuten nicht schaffen, ist es immer noch besser, mit den 10 Minuten zu starten als gar nichts zu tun. Stress im Alltag trägt einen großen Teil zur Entstehung bei. Stress gibt es nicht nur zu Hause durch Streitigkeiten oder durch Überlastung, durch Pflege von Kindern oder anderen Angehörigen. Stress gibt es auch bei der Arbeit oder mit Freunden. Da gilt es zu gucken, ob es Möglichkeiten zur Stressminderung gibt. Und womöglich Zeiteinheiten zur Entspannung einbauen mit autogenem Training, Muskelentspannung oder Meditation oder vielen anderen Methoden, die heute leicht zugänglich sind. Nikotin als solches bewirkt nicht, dass ihr Blutdruck steigt und der Verzicht auf Nikotin bewirkt nicht, dass Ihr Blutdruck dadurch sinkt. Aber jede Zigarette bedeutet, dass die Gefäße geschädigt werden und damit eben das Risiko für Gefäßerkrankungen weiter steigt. Wir können Ihnen das gerne zeigen, indem wir mit Ihnen ihren persönlichen Arriba-Score durchgehen. Dort sieht man genau, wie sich der Genuss von Nikotin auf das persönliche Gefäßrisiko auswirkt. Behandlung mit Medikamenten möglich Betroffene, die es nicht schaffen, durch eine Änderung des Lebensstils eine ausreichend gute Blutdruck-Einstellung zu erlangen, bleiben genug Medikamente, mit denen man in aller Regel eine gute Blutdruck-Einstellung erreichen kann. Es gibt verschiedene Medikamente, die von den Fachgesellschaften in den entsprechenden Leitlinien als Medikamente der ersten oder späteren Wahl eingeteilt werden. Substanzklassen der ersten Wahl: Hierzu gehören die so genannten ACE-Hemmer . Diese Medikamente hemmen die Bildung des körpereigenen Botenstoffs Angiotensin, dadurch wird weniger Angiotensin gebildet und somit kann der Blutdruck gesenkt werden. Dies sind Medikamente wie Ramipril oder Lisinopril und viele andere mehr. Es kommt gar nicht selten zu Reizhusten oder zu Schwellungen im Gesicht oder Mund und Rachenraum. In aller Regel sind die so genannten ACE-Hemmer aber sehr gut verträglich. Genauso Mittel der ersten Wahl sind die so genannten Sartane oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker . Dazu gehören Medikamente wie Candesartan, Losartan oder Valsartan und viele andere mehr. Sie spielen der Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Angiotensin entgegen. Sie blockieren seine Annahmestelle (den Rezeptor) und wirken damit speziell der blutdruckerhöhenden Wirkung von Angiotensin entgegen. Die Wirkstoffklasse ist nebenwirkungsärmer und in aller Regel sehr gut verträglich. Bei den sogenannten Kalziumantagonisten wie Amlodipin, Nitrendipin oder Lercanidipin ist es, so dass die Gefäße erweitert werden, indem die Muskelzellen der Gefäße entspannt werden. Deswegen kann es auch zum Auftreten von Schwellungen im Bereich der Knöchel kommen oder zu Veränderungen im Bereich des Zahnfleisches. Diese Medikamente können gut mit den mit den vorangehenden Substanzen kombiniert werden. Weitere gut wirksame blutdrucksenkende Medikamente sind die so genannten Wasseraustreiber oder Diuretika . Hier gibt es verschiedene Substanzen, die unterschiedlich schnell eingreifen oder zur Wirkung kommen. Problematisch sind solche Medikamente bei Menschen, die sowieso schon eine eingeschränkte Trinkmenge haben, weil es dann zu einem Austrocknen, einer Exsikkose kommen kann und auch problematisch sind diese Diuretika bei Menschen mit einer Blasenschwäche. Leider ist es auch so, dass sich die Blutsalze unter diesen Medikamenten verschieben können. Deswegen sind unter diesen Medikamenten regelmäßige Kontrollen der Nierenfunktion und der Blutsalze dringlich erforderlich. Unter manchen dieser so genannten Wassertabletten kommt es auch dazu, dass die Lichtempfindlichkeit der Haut zunehmen kann und damit das Auftreten von weißem Hautkrebs begünstigt werden kann. Insofern sind diese Medikamente bei jungen Menschen sicher nicht als erste Wahl zu empfehlen. Mittel der zweiten Reihe: Heute nicht mehr Medikamente der ersten Wahl sind sogenannte Betablocker , wie zum Beispiel Metoprolol oder Bisoprolol. Diese Medikamente sorgen neben einer Blutdrucksenkung auch dafür, dass das Herz langsamer schlägt und damit der Herzmuskel entlastet wird und weniger Sauerstoff verbraucht. Dies ist insbesondere geeignet bei Patientinnen und Patienten, die an einer koronaren Herzekrankung mit Beschwerden oder an einer Herzschwäche leiden. Weitere Medikamente sind sogenannte zentralwirksame Medikamente , die so gehören nicht zu den Mitteln der ersten Wahl. Dazu gehören zum Beispiel Moxonidin, Clonidin und einige andere. Erst wenn wir sehen, dass unter den Medikamenten der ersten Reihe keine ausreichend gute Blutdruck-Einstellung gelingt, dann würde man zu diesen Medikamenten greifen. Verschiedene Optionen der Behandlung Wenn wir anfangen, einen bei Ihnen neu diagnostizierten Bluthochdruck zu behandeln, dann ist es in aller Regel, so dass kein Notfall vorliegt. Damit haben wir auch die Zeit zu fragen und zu klären: Was sind Sie in der Lage, an Ihrem Leben zu verändern? Wollen Sie versuchen, erst einmal ohne Medikamente auszukommen, oder sagen Sie: Momentan habe ich gar nicht die eigenen Ressourcen dazu? Wenn das der Fall ist, dann wollen Sie vielleicht erst einmal anfangen mit einem Blutdruck-Medikament und den Lebensstil später mehr ins Visier nehmen. Oft ist es nicht möglich, Blutdruck-Medikamente wieder abzusetzen, einfach weil die Grundvoraussetzungen sich nicht ausreichend geändert haben. Aber manchmal ist es durchaus so, dass, wenn Patientinnen und Patienten genug Gewicht abgenommen haben, ihren Lebensstil angepasst haben, eine vorher bestehende Medikation nicht mehr erforderlich ist oder zumindest gemindert werden kann. Nach eingeleiteter Medikation bitten wir Sie weiter, Ihre Werte zu kontrollieren, erst im engeren Abstand. Diese Intervalle werden dann verlängert und die Medikamente gegebenenfalls auch angepasst. Wenn Sie jetzt anfangen mit einem blutdrucksenkenden Medikament, ist es bei manchen Menschen so, dass in den ersten Wochen der neue, dann gut eingestellte Blutdruck eher als unangenehm empfunden wird. Dies ist eine Frage der Gewöhnung. Wir lernen, uns an einen zu hohen Blutdruck zu gewöhnen. Es dauert, sich wieder an normale Blutdruckwerte zu gewöhnen, wenn wir davor auf einem zu hohen Druckniveau unterwegs gewesen sind. Insofern geben Sie sich Zeit, sich daran zu gewöhnen. Nach etwas Zeit, bis zu ein paar Wochen, fühlen Sie sich dann in aller Regel wieder fit und auch leistungsfähig. Weitere Informationen: www.hochdruckliga.de/ Dort gibt es viele wissenswerte Materialien, teils zum Herunterladen, teils als Videos, Infos zu weiteren Ansprechpartnern, zu Selbsthilfe-Telefon und Selbsthilfegruppen, sprich ein buntes Portfolio auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Dort sind Sie mit ihren Fragen gut unterwegs. Ansonsten stehen auch wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung. geschrieben von Brigitte Sauter Dienstag, den 16. April 2024